Aufrufe
vor 11 Monaten

Heidenheimer Zeitung von 22.05.2023

  • Text
  • Zeit
  • Zuschauer
  • Spiel
  • Bundesliga
  • Berlin
  • Deutschland
  • Kinder
  • Menschen
  • Foto
  • Heidenheim

24 RATGEBER GELD Montag,

24 RATGEBER GELD Montag, 22. Mai 2023 Einzeln oder zusammen veranlagen? Steuern Die Entscheidung bei der Veranlagungsart ist nicht auf ewig bindend – muss aber rechtzeitig geändert werden. Ehepaare und eingetragene Lebenspartnerschaften können steuerliche Vorteile daraus ziehen, sich zusammen veranlagen zu lassen. Dafür reichen sie lediglich eine gemeinsame Steuererklärung beim Finanzamt ein – ihre Steuerlast wird dann gemeinschaftlich bestimmt. Nicht immer ist die Zusammenveranlagung aber tatsächlich der günstigere Weg für Paare. Wer rechtzeitig reagiert, kann die Zusammenveranlagung noch zur Einzelveranlagung ändern – oder umgekehrt. Doch die Anpassung hat Grenzen. Das zeigt ein Urteil (Az. 15 K 469/22) des Finanzgerichts Köln, auf das der Bund der Steuerzahler verweist. Einspruch gegen Bescheid In dem konkreten Fall hatte ein Ehepaar keine Steuererklärung abgegeben. Das Finanzamt schätzte daraufhin die Besteuerungsgrundlagen und führte eine Zusammenveranlagung durch. Dem daraus ergangenen Bescheid widersprach das Ehepaar und übermittelte zwei separate Einkommensteuererklärungen mit der Bitte um Einzelveranlagung. Das Finanzamt hob daraufhin den ersten Bescheid auf und erließ zwei neue Bescheide. Die einmonatige Einspruchsfrist verstrich, die Bescheide wurden bestandskräftig. Keine Wahlmöglichkeit mehr Erst zweieinhalb Monate später beantragte das Paar nun doch die Zusammenveranlagung. Das Finanzamt wies das Anliegen jedoch ab, das Finanzgericht stützte die Entscheidung. Zwar könnten Ehegatten ihr Wahlrecht laut dem Bund der Steuerzahler grundsätzlich bis zur Unanfechtbarkeit eines Bescheids – auch mehrfach – ausüben und die einmal getroffene Wahl innerhalb dieser Frist frei widerrufen, hieß es. Sobald ein Steuerbescheid aber bestandskräftig ist, ist die Wahlmöglichkeit dahin. „Grundvoraussetzung für eine gemeinsame Veranlagung ist, dass beide Ehegatten unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und in dem Veranlagungsjahr zumindest zeitweise zusammengelebt haben“, sagt Daniela Karbe-Geßler vom Bund der Steuerzahler. dpa Zwei getrennte Bescheide oder einen gemeinsamen? FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Mit der Geldanlage positiven Einfluss auf Umwelt und Gesellschaft nehmen: Darum geht‘s beim Impact Investing. Was Impact Investing bedeutet Anlage Geld verdienen und die Welt damit besser machen: Das ist die Idee hinter Impact Investing. Dabei darf man sogar in „schmutzige“ Firmen investieren. Von Philipp Laage Wer sein Geld an der Börse anlegt, möchte nicht unbedingt in Atomkraft, Rüstungsfirmen oder Tabakkonzerne investieren. Auch Öl- und Kohlefirmen sind für viele inakzeptabel. Die Unternehmen sollen nicht „schmutzig“ sein, sondern „grün“. Doch es gibt einen nachhaltigen Ansatz, der noch weiter geht: Impact Investing, übersetzt wirkungsvolles Investieren. Die Idee: Das angelegte Geld macht die Welt tatsächlich besser. Klingt gut? Leider ist es in der Praxis aber gar nicht so einfach. Den Einfluss nachweisen können Impact Investing bedeutet, in Unternehmen zu investieren, die einen positiven Einfluss haben und Lösungen für Nachhaltigkeitsprobleme entwickeln wollen, wie Prof. Falko Paetzold von der EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Oestrich-Winkel erklärt. „Beim Impact Investing ist entscheidend, dass ich den positiven Einfluss nachweisen kann.“ Impact Investing funktioniert auf zwei Arten. Erstens: „Ich investiere direkt in grüne Firmen, damit diese wachsen können“, sagt der Fachmann. Zweitens: „Ich investiere in Firmen, die in Sachen Nachhaltigkeit noch nicht so weit sind, damit diese sich verbessern.“ Laut Global Impact Investing Network (GIIN) geht es um Investitionen, die nicht nur eine finanzielle Rendite bringen, sondern auch eine positive und messbare soziale und ökologische Wirkung haben. Doch lässt sich die Wirkung überhaupt messen? Ja, das ist möglich. Es gibt Leitlinien und Standards, die sich etwa an den Zielen der Vereinten Nationen orientieren. Dazu gehören Maßnahmen gegen Armut und Hunger sowie für den Klimaschutz. Die Sparkasse nennt ein Beispiel: Sie investieren in ein Unternehmen, das neue Windräder baut. Als Investor erfahren Sie genau, wie viel Megawatt Ökostrom durch die Anlagen erzeugt wird. Wie unterscheidet sich der Ansatz von anderen grünen Geldanlagen? Am geläufigsten dürften vielen die ESG-Kriterien sein. ESG seht für Environmental (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (verantwortungsvolle Unternehmensführung). Staaten, Unternehmen und Anbieter von Finanzprodukten werden danach bewertet. Nachhaltige Investmentfonds und ETF enthalten nur Aktien von Unternehmen, die bestimmte ESG-Kriterien erfüllen. „Dabei investiere ich zum Beispiel nicht in Kohle. Das hilft mir vielleicht, abends gut zu schlafen“, sagt Paetzold. Aber: „Das interessiert die Kohlefirma noch nicht.“ Auch wer zum Beispiel die Aktien einer Windkraftanlagen- Firma kauft, erzeugt damit noch keine Wirkung. „Wenn ich deren Anteile kaufe, ändert das an der Firma noch gar nichts. Die ist vorher grün und nachher grün. Dann habe ich noch keinen Impact als Investor“, so der Fachmann. Anders wäre es freilich, wenn man den Gründern die erste halbe Million geliehen hätte. Kleinanleger mit Impact Wird das Impact Investing eng definiert, scheidet es für kleine Privatanleger aus. „Da geht es um Zahlt sich Impact Investing finanziell aus? In der Branche wird zwischen „impact first“ (Wirkung zuerst) und „finance first“ (Geld zuerst) unterschieden, wie Prof. Falko Paetzold von der EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Oestrich-Winkel erklärt. Bei der ersten Variante steht die gesellschaftliche Wirkung im Vordergrund. Die erzielte Rendite sollte lediglich nicht negativ sein. Man möchte also zumindest kein Geld verlieren. Bei der zweiten Variante geht es darum, neben der Wirkung auch möglichst großen finanziellen Gewinn zu erzielen. „Diesen Ansatz verfolgt ein Großteil der Stiftungen und Privatinvestoren“, erläutert Experte Paetzold. Das Argument: Attraktive Rendite ist gute Werbung. Aus der Finanzmarktforschung ist bekannt, dass aktiv gemanagte Fonds nicht verlässlich besser abschneiden als der breite Aktienmarkt, auch wegen ihrer vergleichsweise hohen Gebühren. Schlagen sie doch einmal den Vergleichsindex MSCI World, ist das Glückssache. Wissenschaftlich spricht nichts dafür, dass man durch eine geschickte Auswahl an Branchen oder Unternehmen eine Überrendite erzielen kann. Allerdings ist das für Menschen, die mit ihrem Geld die Welt zu einem besseren Ort machen wollen, vielleicht ohnehin zweitrangig. Private Equity, Venture Capital und größere Summen“, erklärt Prof. Paetzold. Aber man könne wirkungsvoll investieren, so der Experte für Social Finance – auch mit kleinen Summen. Das klappt über Investmentfonds, die sich auf Impact Investing spezialisiert haben, und spezielle ETF. „Es gibt zunehmend ETF, die Stimmrechte wahrnehmen“, berichtet Paetzold und verweist auf den Engine No. 1 Transform 500. Der ETF wurde von einer US-amerikanischen, aktivistischen Investment-Firma aufgelegt, die durch einen Marketing-Coup bekannt wurde: Sie wollte beim Ölriesen Exxon Mobil vier Verwaltungsratsmitglieder austauschen lassen, obwohl sie nur 0,02 Prozent der Anteile besaß. Paetzold nennt auch Inyova als Beispiel. Der Schweizer Anbieter hilft Anlegern – gegen Gebühren – beim Aufbau eines Portfolios aus Aktien, die Impact-Investing- Kriterien entsprechen. Eine Notlösung sei es, in einen ESG-Fonds zu investieren, der seine Stimmrechte wahrnimmt – und darüber Verbesserungen anstoßen kann. „Banken bieten zwar viele Nachhaltigkeitsfonds, aber noch wenige, die aktiv ihre Stimmrechte wahrnehmen – obwohl es die gibt“, sagt Paetzold. Es kommt hier auf die einzelne Bank an. Die Barriere sei nicht, dass die Leute keinen Impact haben wollten, glaubt der Forscher. Auch an der Produktverfügbarkeit müsse es nicht scheitern. „Die Barriere ist, dass die Leute und auch die Kundenberater nicht informiert sind“, sagt Paetzold. FOTO: ZACHARIE SCHEURER/DPA Finanztipp Die Auszeit vom Job finanzieren Will man eine temporäre Auszeit vom Job nehmen, sollte auch die finanzielle Seite geklärt sein. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die während ihres Sabbaticals nicht nur auf eigene Ersparnisse zurückgreifen möchten, kann ein Modell mit befristetem Lohnverzicht vor der geplanten Auszeit eine Möglichkeit der Finanzierung sein. Darauf weist der Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe (VLH) hin. Beschäftigte arbeiten dann in den Monaten vor der geplanten Pause weiter in Vollzeit, bekommen aber nur einen Teil des Gehaltes überwiesen. Den überschießenden Betrag parkt der Arbeitgeber auf einem Zeitwertkonto. Beschäftigte erhalten damit auch während der Auszeit ein Teilzeitgehalt. Zudem bleiben sie so ununterbrochen sozialversichert und profitieren von den Zuschüssen des Arbeitgebers zur Kranken-, Pflege-, Rentenund Arbeitslosenversicherung. Steuerfrei in der Ansparphase Ebenso ein Plus: Das auf dem Zeitwertkonto eingezahlte Bruttogehalt ist in der Ansparphase sozialabgaben- und steuerfrei. Arbeitnehmer müssen die Auszahlungen erst bei Antritt ihres Sabbaticals versteuern. Die Abzüge sind dann laut der VLH aber meist niedriger, da nur ein Teil des Gehaltes fließt und deshalb auch der Steuersatz niedriger ist. Einen rechtlichen Anspruch auf dieses Modell gibt es nicht. Wer unbezahlten Urlaub für das Sabbatical plant, sollte bedenken: Währenddessen fallen die Zuschüsse des Arbeitgebers zum Sozialversicherungsschutz weg und die Beiträge zur Krankenund Pflegeversicherung sind aus eigener Tasche zu zahlen. dpa Notruf nicht haushaltsnah Urteil Eine Frau wollte die Kosten für ihr Hausnotrufsystem geltend machen. Zählt ein Hausnotruf zu den haushaltsnahen Dienstleistungen, die für eine Steuerermäßigung sorgen? Nein, hat der Bundesfinanzhof entschieden. Geklagt hatte eine Frau, deren Vertrag mit dem Anbieter ein Hausnotruf-Gerät und einen 24-Stunden-Bereitschaftsservice umfasste. Die Kosten dafür wollte sie als haushaltsnahe Dienstleistung geltend machen. Das zuständige Finanzamt sah das anders, das Finanzgericht Baden-Württemberg aber gab der Klägerin recht. Der Bundesfinanzhof bewertete es wiederum anders: Haushaltsnahe Dienstleistungen müssten im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. Diese Voraussetzung sei bei so einem Hausnotruf ohne Soforthilfe nicht erfüllt. Die Rufbereitschaft, die Annahme von eingehenden Notrufen, das Organisieren von Hilfe – all das passiere außerhalb der Wohnung. dpa Versicherung Bei Krankenschutz im Ausland sparen Wer länger im Ausland ist, sollte über eine Langzeit-Auslandskrankenversicherung nachdenken. Die Stiftung Warentest empfiehlt sie ab einem Zeitraum von sechs Wochen. In ihrer Zeitschrift „Finanztest“ (Ausgabe 5/23) hat die Stiftung 82 Tarife für lange Reisen von 27 Anbietern verglichen und dabei große Preisunterschiede festgestellt. Bei weltweit gültigen Tarifen mit 365 Tagen Reisedauer etwa sind für Menschen ab 60 in dem Vergleich teils mehrere Tausend Euro Ersparnis drin. dpa TIPP DES TAGES Wertpapierdepot aus der täglichen Ansicht verbannen Breit gestreute Wertpapiere können für den Vermögensaufbau eine gut geeignete Anlageform sein. Voraussetzung ist aber ein langer Anlagehorizont, teilt die Verbraucherorganisation Geld und Verbraucher (GVI) mit. Nur dann kann das Depot bei moderatem Risiko Rendite abwerfen. Die Erfahrung zeige allerdings, dass insbesondere Fondssparpläne, die bei der Hausbank abgeschlossen werden, in der Praxis häufig nicht lange durchgehalten oder bei kurzfristigem Geldbedarf wieder „geplündert“ werden, erklärt GVI-Präsident Siegfried Karle. Eine Änderung der Kontenansicht kann sinnvoll sein. FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Das könne unter anderem daran liegen, dass Bankkunden sich in der Online- Kontenübersicht auch das Wertpapierdepot anzeigen lassen und dessen Entwicklung immer im Blick haben. Sinkt der Depotwert, kann das zu kurzfristigen Panikverkäufen führen. Darum kann es sinnvoll sein, das Wertpapierdepot in der Kontenansicht auszublenden – denn was nicht im Blick ist, wird im Zweifel auch nicht vorschnell angetastet. Alternativ könne das Depot auch separat geführt werden, bei einer anderen Bank, einem Broker oder einer Versicherung. dpa Telefonkosten Dienstgespräche auf Privathandy Über ein Drittel (36 Prozent) der Menschen hierzulande nutzt für dienstliche Telefonate auch das private Handy. Das geht aus einer Umfrage von Bitkom Research hervor. Doch nur bei rund 12 Prozent übernimmt der Arbeitgeber die Kosten für alle beruflich geführten Telefonate. Manche Beschäftigte erhalten einen monatlichen Pauschalbetrag, andere eine monatliche Beteiligung an den Telefongebühren. Bei 64 Prozent hingegen übernehmen die Arbeitgeber gar nichts. dpa Bezahlung Im Praktikum gibt es mehr Geld Praktikantinnen und Praktikanten verdienen heute deutlich mehr als noch vor zehn Jahren. Das Gehalt für freiwillige Praktika ist von durchschnittlich 737 Euro (2013) auf 1164 Euro (2023) gestiegen. Das geht aus dem „Future Talents Report“ 2023 der Unternehmensberatung Clevis hervor. Das Geld war allerdings nur für 17 Prozent der Befragten entscheidend – für die meisten war der Ruf des jeweiligen Unternehmens ausschlaggebend, einen Platz dort anzunehmen (55 Prozent). dpa

25 SPORT Montag, 22. Mai 2023 Viele offene Fragen nach dem Absturz Hertha BSC Der siebte Bundesliga-Abstieg der Berliner ist Fakt. Nun muss der klamme Klub auf die Zweitliga-Lizenz hoffen. Berlin. Mit „gebrochenen“ Herzen und schweren Beinen trabten Kevin-Prince Boateng und die Spieler von Hertha BSC in eine ungewisse Zukunft. Frust, Enttäuschung und Wut über den schmerzhaften Abstieg in die zweite Liga sorgten auch beim kurzen gemeinsamen Lauf am Sonntagmorgen noch für ein Gefühl der Leere und Ohnmacht. „Ich bin selber Hertha-Fan. Es ist einfach nur traurig“, sagte Boateng über den siebten Bundesliga- Abstieg seines Herzensklubs. Die Tränen, die nach dem dramatischen 1:1 (0:0) gegen den VfL Bochum geflossen waren, waren zwar getrocknet. An der Grundstimmung änderte sich nichts. „Es tut weh. Es ist hart. Es ist nicht schön“, sagte Trainer Pal Dardai am Samstagabend: „Der Abstieg ist schlecht für alle.“ Hertha hätte einen Sieg gebraucht, um die Hoffnungen auf ein blau-weißes Fußball-Wunder am Leben zu halten. Der Glaube daran war nach dem Treffer von Lucas Tousart (63.) stärker denn je. Dann sorgte Keven Schlotterbeck (90.+4) für kollektives Entsetzen. Die Betroffenheit war dem Ungarn anzumerken. Der 47-Jährige lebt den Verein. Er ist Rekordspieler und zum dritten Mal Cheftrainer. Mitte April hatte das Klub-Urgestein die komplizierte Retter-Mission angenommen. Er scheiterte. Zu schwer wiegen die Altlasten, zu tiefgreifend sind die strukturellen Probleme im Klub, zu wenig Wir-Gefühl herrscht im unausgewogenen Kader. Deprimiert: Lucas Tousart (Li.) und Trainer-Sohn Marton Dardai. Er werde dem Verein eine „schriftliche Analyse“ vorlegen, kündigte Dardai an: „Ich bin immer ehrlich. Wir werden sehen, wie der Klub das sieht“, sagte der Ungar, dessen Vertrag Ende Juni endet. Seine eigene Zukunft soll bis zum Saisonende nicht thematisiert werden. Erst „wenn die Zeit kommt, können wir über die Dinge reden.“ Die Trainerpersonalie ist nur eine von vielen Baustellen. Wie geht es weiter bei Hertha BSC? Mit welchem Kader startet man Ende Juli in die Saison? Und was ist mit der Lizenz? Die wirtschaftliche Lage ist bedrohlich. Bis zum 7. Juni muss der Verein bei der DFL die Finanzierung für die kommende Saison nachweisen. sid FOTO: SOEREN STACHE/DPA Jubelnde Stuttgarter in Mainz: Der VfB hat es jetzt am letzten Spieltag selbst in der Hand, erstklassig zu bleiben. Rettendes Ufer in Sicht Bundesliga Kapitän Endo und Torjäger Guirassy bringen den VfB beim 4:1 in Mainz auf Kurs. Stuttgarts Chancen auf den Klassenerhalt sind nach dem Erfolg beim FSV wieder gestiegen. Sebastian Hoeneß joggte beim Abpfiff mit einem breiten Grinsen auf den Platz, 5000 Stuttgarter Fans sangen in ihrer Kurve „Oh, wie ist das schön“. Der VfB-Jubel nach dem 4:1 (1:1) beim FSV Mainz 05 fühlte sich an, als wäre der Klassenerhalt schon geschafft. Das ist er noch nicht – aber der VfB ist in höchster Not ans rettende Ufer geklettert und nimmt das Schicksal wieder selbst in die Hand. „Es ist einfach mega“, sagte Chris Führich, es purzelten hörbar die Steine nur so von der Seele: „Dieser Sieg ist enorm wichtig. Wir freuen uns sehr, haben einen wichtigen Schritt getan und werden in der kommenden Woche alles dafür tun, um es fix zu machen.“ Marcus Ingvartsen (23.) hatte Mainz in Führung gebracht. Doch dank der Treffer von Kapitän Wataru Endo (41.), Serhou Guirassy (64.), Führich (78.) und Tanguy Coulibaly (90.+1) reicht gegen Hoeneß‘ Ex-Klub TSG Hoffenheim dann ein Sieg sicher zum Klassenerhalt – und dennoch droht ein Herzschlagfinale. Nach den Ergebnissen der Konkurrenz war bereits klar, dass das Horrorszenario Abstieg für die Schwaben am Sonntag noch nicht eintreten konnte. Seine Mannschaft, betonte Hoeneß, sehe er für den Endspurt gewappnet. Doch der Druck war den Stuttgartern zu Beginn anzumerken. Die Abwehr stand zwar zunächst stabil, die Schwaben leisteten sich vor der Pause aber immer wieder leichte Fehler. Als die Mainzer sich steigerten, bekam Stuttgart gleich Probleme. Torhüter Fabian Bredlow rettete stark gegen Karim Onisiwo (22.), bei der folgenden Ecke schlief die gesamte VfB-Defensive jedoch – und Ingvartsen schob aus kurzer Distanz ein. Der Rückstand wirkte wie ein Weckruf. Die Stuttgarter bemühten sich, suchten deutlich aktiver den Weg nach vorne. Bis auf eine brenzlige Szene, in der FSV-Keeper Finn Dahmen vor Serhou Guirassy (29.) zur Stelle war, blieben die Abschlüsse zunächst harmlos. Nach einem Konter über den schnellen Silas vollendete Endo aber sehenswert aus vollem Lauf. In den zweiten Durchgang startete Stuttgart verhalten, steigerte sich dann von Minute zu Minute. Bredlow war zunächst gegen Edimilson Fernandes (59.) gefordert, für eine kurze Druckphase belohnte sich der VfB aber umgehend. Guirassy köpfte freistehend nach einer Ecke ein. Die rund 5000 mitgereisten Anhänger trieben ihr Team weiter nach vorne, der eingewechselte Führich brachte nochmals Schwung in die Offensive – und genau er war es, der mit dem dritten Treffer für großen Jubel im Fanblock sorgte. Defensiv warfen sich die Schwaben in der Schlussphase in jeden Ball, dann traf auch VfB Aktuell noch Coulibaly und zeichnete ein Herz in die Luft. Der FSV kassierte die vierte Niederlage nacheinander. Sie bedeutete für den Tabellenneunten auch das Ende vom Traum an einer Europapokal-Teilnahme in der kommenden Saison. „Das tut uns als Team sehr, sehr weh“, sagte Sportdirektor Martin Schmidt. Ihn wurmt, dass die vierte Niederlage in Serie die gute Saisonbilanz trübt. „Am Ende bleibt, dass eigentlich mehr möglich gewesen ist, dass mit dem ein oder anderen Sieg Europa oder Dinge möglich gewesen wären, von denen wir am Beginn nicht zu träumen gewagt haben. Die Freude über den neunten oder achten Platz ist ein bisschen weg“, sagte er. Anders die Stimmunglage beim VfB: Hoeneß, der Schlüsselspieler verlängert bis 2026 Bundesligist FSV Mainz 05 hat mit Angreifer Karim Onisiwo verlängert. Der neue Vertrag des österreichischen Nationalspielers läuft bis 2026. Das teilten die Rheinhessen kurz vor der Partie gegen den VfB mit. Onisiwo war Anfang 2016 nach Mainz gewechselt. Der 31-Jährige, der in 197 Pflichtspielen für den FSV bislang 33 Tore erzielte, gilt als einer der Schlüsselspieler von Trainer Bo Svensson. Foto: Torsten Silz/dpa Anfang April auf den glücklosen Bruno Labbadia gefolgt war, hatte vor der Partie angekündigt, er wolle sich nicht mit den Ergebnissen der Konkurrenten befassen. „Die Marschroute ist klar. Wir fahren dorthin, um zu gewinnen und die drei Punkte zu holen. Das ist mein Mindset und das habe ich auch so an die Spieler weitergegeben“, hatte der Coach gesagt. In Mainz musste er ohne Borna Sosa auskommen. Der zuletzt in der Kritik stehende kroatische Nationalspieler fiel nach Klubangaben wegen einer „Infektion im Mund-/Rachenraum“ aus. Ohne Sosa hatten die Stuttgarter in dieser Saison bei acht Anläufen noch keinen Dreier einfahren können – das sollte sich ändern. Die Mainzer allerdings starteten besser und hatten vor 33 305 Fans die klareren Möglichkeiten. Zunächst scheiterte Onisiwo an Bredlow. Beim folgenden Eckball gelang Ingvartsen das 1:0. Die Antwort ließ eine Viertelstunde auf sich warten. Nach einem ruhenden Ball geriet Endo allerdings in Rücklage. FSV-Trainer Bo Svensson konnte bis dahin mit der Leistung seines Teams über weite Strecken zufrieden sein. Doch dann leitete Endo die Wende ein: Nach einem Konter gelang ihm der sehenswerte Ausgleich. Der Japaner hatte schon in der Vorsaison mit seinem Tor in der vierten Minute der Nachspielzeit am letzten Spieltag die späte Rettung des VfB ermöglicht. sid/dpa Kommentar Carsten Muth über die Wende im Titelrennen Matchball Dortmund Die Spieler wirkten saftund kraftlos. Die Bosse waren ratlos. Und die Zuschauer suchten vorzeitig das Weite. Abertausende Bayern-Fans haben am Samstagabend die imposante Allianz- Arena verlassen, obwohl das Spiel drinnen noch lief. Ein Bild, das ganz gut passt zum bedauernswerten Zustand des stolzen Rekordmeisters, der am Wochenende eine Riesenchance liegen ließ – und dem Kontrahenten Borussia Dortmund die Meisterschale quasi auf dem Silbertablett servierte. Die 1:3-Niederlage daheim gegen RB Leipzig katapultierte die Münchner in einen Schockzustand, aus dem lediglich der nimmermüde Routinier Thomas Müller herauszufinden in der Lage war. Müller erinnerte gleich nach der Pleite in der Interview-Zone daran, dass noch nichts entschieden sei, der BVB erstmal seine Aufgaben erledigen müsse. Nun, die erste von noch zwei ausstehenden Aufgaben haben die Dortmunder recht souverän gemeistert: Nach dem 3:0 am frühen Sonntagabend beim FC Augsburg befindet sich Schwarz-Gelb tatsächlich in der Pole-Position. Dortmund geht mit zwei Zählern Vorsprung ins Saisonfinale am Pfingstsamstag – und sollte sich den Vorsprung im letzten Spiel gegen derzeit formschwache Mainzer nicht mehr nehmen lassen. Bayern München hingegen steht vor dem Worst Case, einer titellosen Spielzeit. Für alle, die seit Jahren Langeweile im Titelrennen beklagen, ist das doch mal eine gute Nachricht. Werder feiert Klassenerhalt Bundesliga Das 1:1 (0:1) gegen Köln und 36 Punkte reichen den Bremern. Bremen. Coach Ole Werner reckte beim Schlusspfiff und dem geschafften Klassenerhalt triumphierend die linke Faust in die Höhe. Anschließend versammelte er seine Spieler in einem Kreis, erst dann verließ er vom Jubel der Fans begleitet den Innenraum. Es folgte die Ehrenrunde der Mannschaft, einige Trikots flogen ins Publikum. Nach dem 1:1 (0:1) gegen den 1. FC Köln ist die Rettung perfekt. In einer oft hektischen Partie hatte Steffen Tigges (36.) Köln in Führung gebracht, ehe Romano Schmid (73.) aus spitzem Winkel ausglich. „Wir haben uns unfassbar schwergetan, nun sind wir natürlich sehr erleichtert“, sagte Werder-Kapitän Marco Friedl. Zumal die Partie an Nationalstürmer Niclas Füllkrug nach fünfwöchiger Pause wegen muskulärer Probleme in der Wade weitgehend vorbeilief. sid WORT VOM SPORT „Noch eine Woche: Arschbacken zusammenkneifen und den Kopf oben halten!“ Keven Schlotterbeck, 26. Bochums Torschütze zum 1:1 in der Nachspielzeit bei Hertha BSC über das Finale im Rennen um den Klassenerhalt. Schalke 04 Frankfurt-Fans als Randalierer Gelsenkirchen. Fans des FC Schalke 04 und von Eintracht Frankfurt haben sich nach dem 2:2 (1:1) in der Bundesliga Auseinandersetzungen geliefert. Eintracht- Fans kletterten aus ihrem Block und prügelten sich auf der Tribüne mit Anhängern der Gastgeber. Auch im Umfeld des Stadions gab es Prügeleien. Eine Mitarbeiterin des Roten Kreuzes wurde durch Faustschläge ins Gesicht verletzt, drei Polizisten erlitten leichte Blessuren. Gegen zehn Frankfurt- Fans laufen Strafverfahren. dpa Riesengroße Erleichterung im Kraichgau Sinsheim. So aufgewühlt hatte man Andrej Kramaric bei der TSG Hoffenheim selten gesehen. Nachdem Trainer Pellegrino Matarazzo und die Spieler noch lange am Zaun der Südtribüne den Klassenerhalt mit den Fans gefeiert hatten, sagte der kroatische Stürmer und Doppel-Torschütze beim 4:2 (2:1) gegen Union Berlin ganz offen: „Das will ich nicht noch mal erleben. Das war meine bisher härteste Saison, auch mental.“ Die Hoffenheimer wurden von heranstürmenden Anhängern mit Umarmungen überhäuft. Matarazzo war glücklich: „Das tut dem Herzen gut.“ dpa Hoffenheimer Doppel-Torschütze gegen Union: Andrej Kramaric. FOTO: UWE ANSPACH/DPA Frauen-Bundesliga Entscheidung verschoben Meppen. Die Fußballerinnen des VfL Wolfsburg haben die Titelentscheidung in der Bundesliga auf den letzten Spieltag verschoben. Das Team um Kapitänin Alexandra Popp gewann am Sonntag nach zweimaligem Rückstand noch mit 3:2 (0:1) in der Nachspielzeit beim SV Meppen. Damit rückte der Vorjahresmeister bis auf zwei Punkte an Spitzenreiter FC Bayern München heran, der am Samstag mit dem 0:0 bei Bayer Leverkusen den vorzeitigen Titelgewinn verpasst hatte. dpa

© NPG DIGITAL GMBH 2018