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Heidenheimer Zeitung 3.12.2024

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2 THEMEN DES TAGES

2 THEMEN DES TAGES /POLITIKAleppo in Rebellenhand:Syrien wird noch unsichererNahost Islamisten undandereGruppierungen habendie StadtimNordendes Landes überrannt, derBürgerkrieg istwiederentflammt.Wasbedeutetdas füruns?LeitartikelGuido Bohsemzum anstehenden WahlkampfKarikatur: KlausStuttmannMehrals WirtschaftAuf den ersten Blickscheint die Sache einfach.„Es ist die Wirtschaft,Dummkopf“ –dieser bis zur karikaturhaftenPhrase zitierteLeitsatz aus Bill Clintons Wahlkampagnesollte auch der Leitspruch für denkurzen Winterwahlkampf inDeutschlandsein. Die Wirtschaft verharrt inder Rezession, der für Deutschlandimmens wichtige Freihandel wirddurch die USA infrage gestellt, derzentrale Absatzmarkt China schwächelt,Energie ist viel teurer als in anderenIndustriestaaten. Thyssenkruppwill 5000 Stellen streichen, Ford 2000,Volkswagen droht mit der Schließungganzer Werke, zuEntlassungenkommt es auch bei ZF, Continental,Bosch, BASF und der DeutschenBahn. Die Konsumlaune der Verbraucherist seit Jahren schon im Keller.Geld, das trotz der unverändert hohenPreise imSupermarkt übrigbleibt,wandert auf das Sparkonto. Wassonstaußer der Wirtschaft könnte zumThema des Wahlkampfs werden?Umso weniger werden die gesellschaftspolitischenReformen eine Rollespielen, auf die sich die Ampel-Koalition zu Beginn ihrer unglücklichenRegierungszeit verständigt hatte–und die sie jetzt nicht mehr umsetzenkann, weil Olaf Scholz (SPD) dieFDP aus der selbsternannten Fortschrittskoalitiongeworfen hat. DerFortschritt fiel dem russischen Einmarschin die Ukraine, der folgendenEnergiekrise, vor allem aber dem Urteildes Bundesverfassungsgerichtszur Schuldenbremse zum Opfer. Dadurchfehlten auf einmal mehr als 100Milliarden Euro über die Jahre. Fürdie Kindergrundsicherung, das Demokratiefördergesetz,die Elternstartzeit,das Familienrecht –und viele andereDinge fehlte das Geld und die Zeit,sich damit ausführlich zubeschäftigen.KommentarDominik Guggemoszur Begnadigung vonHunter BidenWürde Donald Trump einenseiner Söhne begnadigen?Wer dagegen wettenwill, sollte das Geldlieber gleich für den guten Zweckspenden. Das kann trotzdem nicht derMaßstab sein, wenn es um den nochamtierenden US-Präsidenten Joe Bidenund dessen Begnadigung seinesSohnes Hunter geht. Schließlich tratBiden in gleich zwei Präsidentschaftskampagnenmit dem Versprechen an,die US-Demokratie und den Rechtsstaatgegen autoritäre Kräfte wieTrump beschützen zu wollen.Biden begründet den Schritt damit,dass Hunter überhaupt nur verfolgtwurde, weil er sein Sohn ist. DiesenBlick mag man aus Sicht eines Vatersnachvollziehen können. Zumal die RepublikanerHunter Biden inder Tataus politischen Gründen attackierten,weil sie bei Joe Biden keinen Schmutzfanden.Weil es vielen gutgeht,glauben nurwenige, vonReformen fürUnternehmenprofitierenzu können.Die Zeichen stehen an der Wand,die schlechten Nachrichten häufensich, das Gefühl wird mulmiger. Abernehmen die Deutschen tatsächlichwahr, wie sich die Zeiten geändert haben?Laut einer kürzlich veröffentlichtenAllensbach-Umfrage ist der Mehrheitdurchaus bewusst, dass der Wirtschaftsstandortan Attraktivität verlorenhat. Doch diese Erkenntnis beruhtvor allem auf Hörensagen und nichtauf eigenem Erleben. Nur acht Prozenthegen die Sorge, den Arbeitsplatzzuverlieren, 57 Prozent beschreibendie eigene Lage als positiv.Und weil eseben vielen so gut geht,glaubt auch nur eine Minderheit, dasssie von wirtschaftspolitischen Reformenprofitieren wird, sollte eine neueBundesregierung sie in die Wege leiten.Das ist insbesondere für die Unioneine schlechte Nachricht. Womöglichüberschätzt sie die Reformbereitschaftder Wähler, wenn sie daraufsetzt, mit angekündigten Reformenbei den sozialen Sicherungssystemenoder Steuersenkungen für Unternehmenpunkten zu können. Womöglichist der älter und satter gewordenenBevölkerung wichtiger, die Rentenkräftig anzuheben, wie die SPD esplant oder die Kindergrundsicherungder Grünen. Auf keinen Fall wird dieserWahlkampf so leicht mit einemwirtschaftspolitischen Schwerpunktzu gewinnen sein, wie es auf den erstenBlick aussieht.leitartikel@swp.deJustiznicht übergehenAber: Er wurde wegen illegalenWaffenbesitzes verurteilt, bekanntesich für Steuerdelikte sogar schuldig.Experten rechneten mit einem Strafmaßvon bis zu einem Jahr im Gefängnisoder einer Bewährungsstrafe. Werdie unabhängige Justiz verteidigenwill, kann sie nicht einfach übergehen.Zumal Joe Biden eine Begnadigungzuvor ausgeschlossen hatte.Die Geschichtsbücher werden esnicht gut meinen mit dem Präsidenten–was schade ist, weil er überJahrzehnte viel geleistet hat für dieUSA und als überzeugter Transatlantikerauch für Europa. Donald Trumpwurde erneut gewählt, weil Biden sounbeliebt ist und zuspät seine Kandidaturzurückzog. Wenn Trump jetzt,wie vor der Wahl versprochen, dieMöchtegern-Putschisten, die amSturm auf das Kapitol beteiligt waren,begnadigt, kann erimmer genüsslichauf Hunter Biden verweisen.Rebellen posierenmiteinerFlaggevor derhistorischen ZitadellevonAleppo. Foto:Muhammad HajKadour/afpBerlin/Damaskus. Wie aus demNichts gerät das scheinbar stabileAssad-Regime inernste Bedrängnis.Eine Rebellen-Allianz unterFührung der islamistischen HTShat Aleppo, die zweitgrößte syrischeStadt, erobert. Die Regierungstruppensollen geradezu panischgeflohensein.„InSyrienpassiertaktuell Dramatisches“,schreibt der Terrorismus-ExpertePeter R.Neumann auf X. „Ein seitfünf Jahren ‚eingefrorener‘ Konflikttaut wiederauf.Mit geopolitischenKonsequenzeninder ganzen Region-- unddarüberhinaus.“Kommenjetzt neue Flüchtlingeoder gehen sie zurück, wennAssads Regime fällt?NäheramGeschehen istHashimBilal, Landesdirektorder Welthungerhilfefürdie Türkei undSyrien.„Die neuen Kämpfe in und umAleppo habengroße AuswirkungenSTICHWORT BIDEN-BEGNADIGUNGDer54Jahre altePräsidentensohnHunterBiden hattesich nach einem Schuldspruchwegen Verstößen gegendasWaffenrecht auch in einem zweitenVerfahren wegenverschiedenerSteuervergehenschuldigbekannt.Das Strafmaßin beiden Fällen sollte im Dezember verkündetwerden.LautUS-Justizministerium drohtenihm mehrjährigeHaftstrafen.Derdesignierte US-Präsident Donald Trumpkritisiertedie Begnadigungals „Missbrauchund Scheitern derJustiz“. Zugleichzog er auf seiner Online-PlattformTruth Social Parallelen zur Erstürmung desKapitols am6. Januar 2021,nach der viele seiner Gefolgsleute zuHaftstrafen verurteilt worden waren. Sie bezeichneteTrump als „Geiseln“. „Schließt dieBegnadigung,die JoeHunter gewährt hat,auch dieGeiseln des6.Januar ein(wörtlich: „J-6 Hostages“), dienun seit Jahren im Gefängnissitzen?“dpaauf unsere Arbeit im NordwestenSyriens“, sagt derNothelfer.SeineNichtregierungsorganisation hatMühe, die Menschen in der Regionzu erreichen, „ohne das Lebender lokalen Mitarbeiter und Partnerzugefährden“.DieKämpfeundvorallem dieLuftangriffe könntennoch wochenlang andauern. „Daswird zu neuen Vertreibungen undFluchtbewegungenführen.“Russland unterstütztweiterdasRegime von Baschar al-Assad undfliegt Luftangriffe. Auch SyriensLuftwaffe bombardiert die Aufständischen,dievon derTürkeiunterstütztwerden undaußerdem Kurdenattackieren. „Mit den aktuellenAngriffenderTürkei undihrerislamistischen Söldner aufdie letztenvon Kurden bewohnten OrtschaftenimNordenAlepposistdasEnde derkurdischen Existenz dortfaktisch eingeleitet“, sagt KamalGeorgiensMaidanTbilisi. Die OppositionspolitikerinChatija Dekanoidse, bis 2012 Chefinder georgischenPolizei-Akademie,machtihren Mitstreitern Mut:„Die Spezialeinheiten, diePatrouillen-und die Kriminalpolizei –sieermüden alle, physisch und moralisch“schreibt Dekanoidse aufFacebook. „Sie arbeiten rund umdieUhr.“Seit fünf Tagen gibt es inGeorgien tatsächlich ohne UnterbrechungProteste.Vor alleminderHauptstadtTbilisi. Im ZentrumderStadt dauern die Kundgebungengegendie Regierungund ihrStoppder EU-Integration die ganzeNacht, Polizeitrupps verfolgenheimkehrende Demonstranten, bisdann am Vormittag schon wiederdie ersten Studentenkolonnen unterwegssind.Außer Emotionen hängt auchimmer mehrGewalt in derLuft. DieSicherheitskräfte rücken den Demonstrantennach MitternachtmitWasserwerfernund Fangtrupps zuLeibe. Und laut dem georgischenOmbudsman Lewan Ioseliani beklagtensich von156 Festgenommenen124über „unmenschlichesVerhalten“.Nach Angaben des GesundheitsministeriumswurdenalleinMontagnacht 37 Menschenhospitalisiert, davon12Polizisten.DieOpposition wirftder Regierungvor, sie habe die ParlamentswahlenEnde Oktober massiv manipuliert.Haupttrigger derjetzigenProteste aber wurde die verfassungswidrigeErklärung von PremierministerIrakli Kobachidse,seine Regierung werde alle Verhandlungenmit der EU über denBeitritt Georgiensbis 2028 aufEislegen. Artikel 78des georgischenGrundgesetzes verpflichtet dieStaatsorgane,all ihre Vollmachtenfürdie weitereEU-Integrationeinzusetzen.Sido, Nahost-Referent der Gesellschaftfür bedrohte Völker. Gleichesgeltefür„Armenier,Assyrer/Aramäer und andere christlicheGemeinschaften“.Neue Flüchtlingswelle?Man sei „äußerst besorgt über dieSicherheit und das Wohlergehender Zivilbevölkerung“, sagt einSprecher derEU-AußenbeauftragtenKaja Kallas in Brüssel. EineGruppe vonEU-Staaten um Italienund Österreich hatte injüngsterZeit engere Kontakte zum Assad-Regime propagiert, vor allem, umAbschiebungen zu ermöglichen.Auch in Deutschland war die DiskussionübersichereGebiete in Syrienaufgekommen.Fürdie Vorsitzende desVerbandesDeutsch-Syrischer Hilfsvereine,Nahla Osman, ist es wichtigklarzustellen, dassessichinSyriennicht um einen Bürgerkrieg handelt.Vielmehr bombardiere „dassyrische Regime die Zivilbevölkerung“.AusihrerSicht „war undist“es in Syrien „nirgendwo sicher“.Sollte dem Assad-Regime kein Einhaltgeboten werden,„könnteeineneue Flüchtlingswellemit über fünfMillionenZivilistenerfolgen“.Ob sich „Fluchtbewegungen inderRegionoderaus derRegionhinausergeben, istzurzeit noch nichtvorhersehbar“, sagt ein Sprecherdes Bundesinnenministeriums.„Welche Auswirkungen die sichveränderndeLageauf die Möglichkeitenvon syrischen FlüchtlingenzurRückkehrinihreHeimathabenwird“, sei ebenfalls nicht vorhersehbar.AndréBochowProteste DieDemonstrationen in Tbilisi undanderen Städtengehenunvermindert weiter.EsdrohenStraßenschlachten wie2014inKiew.USABidenbegnadigtseinen SohnWashington. Kurz vor dem Endeseiner Amtszeit hat Joe Bidenüberraschend seine Macht alsUS-Präsident genutzt und entgegenvorheriger Aussagen seinenverurteilten Sohn Hunter begnadigt.Er habe seit seinem Amtsantrittgesagt, dass ersich nicht indie Entscheidungen des Justizministeriumseinmischen würde,hieß es in der Erklärung von Biden.Sein Sohn sei aber von derJustiz jedoch„ungerecht“ behandeltworden.dpaStichwortund KommentarParallelenzur UkraineImmer häufiger wird die Lage mitdem Kiewer Maidan von 2013/14verglichen. Dort demonstrierteman erst friedlich fürein Assoziierungsabkommenmit der EU, bewaffnetesichdannalsAntwortaufbrutalePolizeigewalt,und nach einerMonateandauerndenStraßenschlachtwurde amEnde dann geschossen.Schon versichert Kobachidse,ein „Nationalmaidan“ sei unmöglich,auch wenn „gewalttätigeGruppierungenund ihre ausländischenInstrukteure systematischGewalt“ anwendeten. Er drohteselbst den„Politologen, diesichinihren Büros versteckten“ mit derganzen Strengedes Gesetzes.UmgekehrttitulierenihnoppositionelleTelegramkanäle als „sogenanntenPremierminister“,die proeuropäischePräsidentin Salome Surabischwiliaber als„illegitim.“Der Ausgang wirkt völlig offen.Das Stehvermögen beiderSeitenistnurschwereinzuschätzen.ImvergangenenFrühjahr saß die Staatsmachtähnlich heftigeProtestegegendas „Auslandsagentengesetz“einfach aus. Und viele Oppositionellebefürchten, dass Russlandsich einmischt. Aber der Fall vonAleppo in Syrien lässt vermuten,dass der Nachbarautokratieschlicht diemilitärischen ReservenfüreineInterventionfehlen.Stefan SchollStrafgerichtPräsidentbeklagtpolitischen DruckDen Haag. Der Präsident des InternationalenStrafgerichtshofes,Tomoko Akane,hat denUSA undRussland Bedrohungdes Gerichtsvorgeworfen. Der Druck hattenach dem Erlass von HaftbefehlengegenIsraels RegierungschefBenjamin Netanjahuund Ex-VerteidigungsministerJoaf Galantstarkzugenommen. Akane sprachvon der Androhung „drakonischerwirtschaftlicher Sanktionen“aus den USA, als wäre dasGericht eine „terroristische Organisation“.dpa

Dienstag, 3. Dezember 20243HintergundAm EndeeinErfolgsrezeptDiagnosen, Medikamente,Krankschreibungen: DieelektronischePatientenakte soll helfen, Menschen besser zu behandeln.Langewarten aufdie AkteMedizin DieDebatte über dieelektronischePatientenakteinDeutschlandgibtesseitzwei Jahrzehnten. Kurz vordem geplantenStart der „ePA füralle“häufen sich Hinweiseauf technische Probleme. VonHajoZenkerMehrheit istinteressiertElektronische Patientenakte,E-Rezept,KI inder Medizin:Die Menschenin Deutschlandstehen der DigitalisierungdesGesundheitswesenssehr aufgeschlossengegenüber.89Prozent der Deutschenhalten diesfür grundsätzlichrichtig, 72 gehtdie DigitalisierungimGesundheitswesen sogarzulangsam.Dashatgerade einerepräsentativeStudieim AuftragdesDigitalverbandsBitkomergeben.77 Prozentder Befragtenmeinendemnach zudem,Deutschland hängeimVergleich zu anderenLändern in diesemBereichzurück. Laut einerAOK-Umfragehaben 77Prozent der DeutschenInteresse daran, überdie ePAkünftig Gesundheitsdatenwie Arztbriefeeinzusehen.Nun soll sie aberwirklich kommen– die elektronischePatientenakte(ePA). 20 Jahrelang wurde darübervorallem geredet,aktuell haben1,8 Millionen Patienten ihreBefunde digital griffbereit –bei74,5 Millionen gesetzlich Versicherten.Ab 2025 soll nun jederKrankenversicherte automatischeine Akte erhalten –es sei denn,man widerspricht dem ausdrücklich.Aktuell aber mehren sich dieHinweise auf technische Probleme.Der Sinn der ePA jedoch istunstrittig: Ärzte wissen mehrüber ihre Patienten und könnensie so gezielter behandeln.Klar ist: Am15. Januar geht eslos–nämlichinden ModellregionenHamburg, Franken undNordrhein.Eigentlich sollten bisdahinnicht nur dort, sondern bereitsbundesweit alle nötigen Softwarelösungenzur Verfügung stehen.Doch die Anbieter der mehrals 160 Informationssysteme fürArztpraxen, Kliniken und Apothekentun sich zum Teil schwerdamit, weshalb ihnen das Bundesgesundheitsministeriumvier Wochenfür das Programmieren zusätzlicheingeräumt hat.Mitte Februarnämlich soll die Testphaseeigentlichbereits vorbei seinundjeder Patient nicht nur seineePAbekommen haben, es soll auchmit dem Befüllen losgehen. DieKliniken glauben abernicht, dassdas klappt und fordern mehr Zeitzur Vorbereitung. Denn, so dieDeutsche Krankenhausgesellschaft,nur knapp die Hälfte derKrankenhäuser gehe davon aus,dass die Hersteller der Krankenhausinformationssystemedie nötigenePA-Module bis zum Endedes ersten Quartals 2025 liefernkönnen. Welche Kriterien darüberentscheiden, ob die Testphaseregulär ausläuft oder verlängertwird, das möchte die für dieDigitalisierung im Gesundheitswesenzuständige GesellschaftGematik, mehrheitlich in derHand des Bundes, nicht verraten.Die Praxisärzte wiederum sehender „ePA für alle“ mit gemischtenGefühlen entgegen:Zwar hoffen sie auf eine schnellereundeinfachere Kommunikation,fürchten aber den Mehraufwand.Rund 90Prozent der Praxenmeinen laut einer Umfrage,dassdie ePAzueinemhohen Verwaltungs-und Zeitaufwand führenwird. Vorstandsmitglied SibylleSteiner fordert denn auch,die digitale Akte „muss ausreichenderprobt, nutzerfreundlichumgesetzt und aufwandsarm inderAnwendung sein“. Eigentlichsind die Praxen verpflichtet, abMitte Februar alle neuen Befundeeinzustellen. Allerdings hatdas Gesundheitsministeriumjetztverlauten lassen, dass diesePflicht natürlich erst ab dem Zeitpunktgelte, wenn alles technischtatsächlich funktioniere.Denn zunächst einmal ist dieAkte leer. Neue Befunde werdenhinterlegt, es sei denn, man hatder ePA widersprochen. Versichertehaben ab 2025 einen Anspruchdarauf,dassihreKrankenkassefür sie alte Dokumente digitalisiert,wenn sie es wünschen.Möglich ist dies zweimal innerhalbvon 24Monaten für jeweilsbis zu zehn Dokumente. Unabhängigdavonkönnen ÄrzteeigeneBefunde aus vorangegangenenBehandlungen in die ePAeinstellen,wenn sie das für sinnvoll halten.Versicherte selbst könnenebenfalls Datenhochladen,wennsie die ePA-App ihrer Krankenkassenutzen.Zurvollen Nutzungder App muss man sich einmaligFoto:Jens Kalaene/dpaper elektronischer Gesundheitskarteundzuvorangeforderter Pinauthentifizieren. Die Kassen, dieihrejeweiligeApp zur Verfügungstellen, könnennacheigenen Angabennicht einsehen, was inderePAsteht. Wechselt man die Kasse,sollen auch die Daten mitwechseln.Auch ohne SmartphoneWer kein Smartphone besitzt,kann trotzdem eine ePA haben –aufdie dann etwa der Arzt in derPraxiszugreifen kann. Möglich istauch, dass der Versicherte einePerson seines Vertrauens benennt,die für ihn die ePA inderApp verwaltet. Zudem sind dieKrankenkassenverpflichtet,Ombudsstelleneinzurichten, die dieVersicherten bei allen Fragenrund umdie ePA unterstützensollen. Versichertekönnen selbstfestlegen, welcher Arzt welcheBefunde lesen darf. Man kann beispielsweiseauch auf eine Medikationslisteverzichten.Übrigens:Auch dieseListe istzunächstleer,umfasst also nicht die vor 2025verordneten Arzneien. Sie fülltsichdurch die Nutzung des E-Rezepts,registriertalso alle elektronischverordneten Arzneimittel.Für den Vorstand der DeutschenStiftung Patientenschutz,Eugen Brysch, ist die ePA zunächst„nichts anderes als einedigitaleinsehbare Papiersammlung“.Denneslassensich anfangsnur PDF-Dokumente einstellen.Ärztemüssten,beklagt Brysch, jedeseinzelneDokument lesen, umdie notwendigen Informationenherauszufiltern. Eine deutlichkomfortablere Volltextsuche solles laut Gematik erst 2026 geben.Generell gilt, dass die ePA Stückfür Stück weiterentwickelt werdensoll. Labordaten etwa sollenebenfalls erst 2026 auftauchen.FOTO: JENS KALAENE/DPADass viele Praxisärzte Bedenkenim Hinblick auf die flächendeckendeEinführung der elektronischenPatientenakte haben, liegtlaut SibylleSteiner,Vorstandsmitgliedder Kassenärztlichen Bundesvereinigung,auch am „holprigenStart“des E-Rezepts.Tatsächlichhatteesmit derverpflichtendenEinführung für gesetzlichVersichertezuBeginn dieses Jahreswochenlang technische Problemegegeben. Undtrotzdem istdas E-Rezept –1998 hatten dieApothekerverbände das Themaerstmals ins Spiel gebracht –mittlerweileeine Erfolgsgeschichte.Lautder UnternehmensberatungMcKinsey hatte die Zahl derE-Rezepte 2022 noch unter900.000 gelegen –seit dem 1. September2022 waren Apothekenflächendeckend in derLage, E-Rezepteeinzulösen. 2023 seien esdann schon 18 Millionen gewesen.Mittlerweile sind laut der für dieDigitalisierung im Gesundheitswesenzuständigen GesellschaftGematik insgesamt bereits 491Millionen E-Rezepte ausgestelltund eingelöst worden, davon allein48,9 Millionen im Oktoberdieses Jahres.Unddas hatauch damit zu tun,dass die Handhabung leichterwurde. Zunächst sollte man einespezielle App der Gematik nutzen.Diese wurde von den 74,5Millionengesetzlich Versichertengerade zwei MillionenMal heruntergeladen.Die komplizierteHandhabung erwies sich als abschreckend.Letztlich führte dasdazu, dass E-Rezepte häufig garnicht im Smartphone landeten –sondern als Papierausdruck in dieApothekegetragen wurden. Mittlerweilegibt es von ApothekenApps, für die man zum Einlösennur die elektronische Gesundheitskarte,die jeder gesetzlichVersichertebesitzt, an das Smartphonehalten muss. Auch diverseKrankenkassen haben das E-Rezeptmittlerweile inihre eigenenApps integriert, sodass Medikamentedirekt bei einer Apothekeder eigenen Wahl bestellbar sind.Heil- und HilfsmittelspäterBei verschreibungspflichtigenMedikamenten soll es nicht bleiben.Laut Bundesgesundheitsministeriumsollen künftig auch alleweiteren veranlassten Leistungenschrittweise elektronisch verordnetwerden. Versichertehättenabdem 1. Juli 2025 die Möglichkeit,Betäubungsmittel mit dem E-Rezeptzu erhalten. Für Heilmittelwerde dies ab dem 1. Januar 2027und für Hilfsmittel abdem 1. Juli2027 möglich sein. Hajo ZenkerFlächendeckend angekommen:das E-Rezept.ZAHL DES TAGES12Prozent mehr Jugendlichesind2023vonden Jugendämtern inObhut genommenworden –insgesamt warenes 74.600,8100mehr alsimVorjahr,wie das Statistische Bundesamt mitteilt.Damitseidie Zahl der Inobhutnahmenzum drittenMal in Folgeangestiegen.Grund desAnstiegs sind dieEinreisen unbegleiteter Minderjährigeraus dem Ausland.knaMaliAngriffauf neueRebellengruppeBamako. In Mali sind bei einemDrohnenangriffmehrereMitgliedereiner neu gegründeten Rebellenkoalitiongetötet worden. DerAngriff in Tinzaouatène habe sicheinen Tagnach derGründung der„Front de Libération de l’Azawad“(FLA) ereignet, berichtete derfranzösische Sender RFI. Die Separatistenmachen dasMilitär dafürverantwortlich. Bei der FLAhandelt es sich um einen Zusammenschlussaus fünfGruppen, diesich für die Unabhängigkeit von„Azawad“ einsetzen. epdMehr U-BootegefordertVerteidigungsminister Boris Pistorius hält denKauf vonvier weiteren neuenU-Booten für mehr als 4,5Milliarden Euro fürunverzichtbar.Ineiner KooperationmitNorwegen warenbisher zwei U-Bootegeplant. Foto:Daniel Reinhardt/dpaPhilippinenVizepräsidentindrohtmit MordManila. Nach Gewaltdrohungender philippinischen VizepräsidentinSara Duterte gegen PräsidentFerdinand Marcos Jr. hateine Gruppe politischer Gegnerein Amtsenthebungsverfahren gegendie46-Jährigebeantragt. Vorknapp zehn Tagenhatte die Vizepräsidentinerklärt, siewerde denamtierenden Präsidenten MarcosJr. umbringen lassen, sollte sieselbst ermordet werden. Hintergrundist eine Untersuchung überVeruntreuung von Geldern desBildungsministeriums. dpaRumänienSozialdemokratenerneut vornBukarest. Beider Parlamentswahlin Rumänien sind die regierendenSozialdemokraten Teilergebnissenzufolge erneut stärkste Kraftgeworden. Nach Auszählung vonmehr als 99 Prozent der Stimmzettelerhielt die sozialdemokratischePSD, die bisher mit der liberal-konservativenPNL regiert,22,4 Prozent der Stimmen. Allerdingskamen mehrere ultrarechteParteien zusammen auf mehrals 31 Prozent. Die Wahlbeteiligungwar mit 52 Prozent so hochwie zuletzt vor 20Jahren. afp

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